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Che als Idol

Guevara wird in Lateinamerika von vielen Menschen als eine „Ikone“ des südamerikanischen Patriotismus angesehen. Sein Engagement für die kubanische und andere revolutionäre Bewegungen, seine Radikalität, die schließlich zum Mord an dem Guerillaführer in Bolivien führten, machten ihn zu einem Märtyrer linker Unabhängigkeits- und Befreiungsbewegungen in der ganzen Welt. In den lateinamerikanischen Ländern gilt „Che“ bis heute vielerorts als Volksheld und revolutionäres Idol, aber auch in den Industriestaaten des Westens wurde er vor allem von großen Teilen der Studentenbewegung, die sich sowohl gegen die herrschende Ordnung der bürgerlichen Demokratie und die Marktwirtschaft, als auch der ihr vorgeworfenen Ausbeutung der „Dritten Welt“ wandte, als revolutionäres Vorbild idealisiert. In manchen kommunistischen Staaten Osteuropas wurde zeitweilig von staatlicher Seite eine Art Kult um ihn betrieben, mit dem die entsprechenden Regierungen vor allem die Jugend für den Kommunismus und Internationalismus begeistern wollten, auch wenn dabei Guevaras Kritik an der Verkrustung und dem Bürokratismus der realsozialistischen Länder größtenteils verschwiegen wurde.

In der vor allem von Studenten getragenen Außerparlamentarischen Opposition (APO) Westeuropas während der 1960er Jahre beriefen sich viele auf Guevaras revolutionäre Thesen des Guerillakampfes oder diskutierten diese kritisch-positiv. Bei verschiedenen Demonstrationen der Studentenbewegung wurde oft neben dem Porträt des führenden nordvietnamesischen Revolutionärs Ho Chi Minh und dem Mao Zedongs auch das von Che auf Transparenten mitgeführt. Der kubanische Fotograf Alberto Korda Gutierrez hatte es am 5. März 1960 aufgenommen, und es wurde nach dem Tod Guevaras vom Verleger Giangiacomo Feltrinelli weltweit vermarktet; es war ursprünglich Teil eines Gruppenfotos.

Bis heute ist dieses in vielen Variationen verbreitete Bild zu einer Art Pop-Ikone und damit Ausdruck einer gewissen Verklärung der Person Che Guevaras geworden, die von unterschiedlichster Seite auch als geschmacklos empfunden wird. Während Anhänger Guevaras befürchten, dass seine politische Orientierung als kämpferischer Kommunist hinter der westlichen Verklärung als Ikone des bloßen Unangepasstseins versteckt wird , befürchten bürgerliche Demokraten, dass die ihrer Auffassung nach stalinistischen Züge Guevara hinter der Ikone des gutaussehenden Revolutionärs mit Zigarre im Mund verschwinden und eine unberechtigte Idealisierung Guevaras stattfindet.

Kritik

Kritiker und Gegner Guevaras, besonders Mitglieder der kubanischen Exilgemeinschaft in den USA und Flüchtlinge aus realsozialistisch regierten Ländern, bezeichnen ihn als Mörder und Terroristen. Sie behaupten, er habe Freude an der Exekution von Gegnern der kubanischen Revolution gehabt und er sei verantwortlich für Folter und Tötung hunderter Insassen kubanischer Gefängnisse sowie für den Mord an zahlreichen Kleinbauern in den Regionen, welche seine Guerillatruppen kontrollierten oder aufsuchten.

Kritik an Che Guevara und seinem Vermächtnis kommt nicht nur von der politischen Mitte und der Rechten. Nach hunderten positiver Beiträge wurde im Oktober 2007 auch in der linksorientierten Tageszeitung taz Che Guevara als skrupelloser und brutaler Mensch beschrieben, dessen wahre Eigenschaften von einem linken Mythos verdeckt würden. Libertäre Gruppen üben ebenfalls Kritik an seiner Person. Sie betrachten Guevera als einen autoritären Anführer, dessen Ziel die Schaffung eines bürokratischen stalinistischen Regimes gewesen sei.

Nach Ansicht seiner Kritiker begründete Guevara das kubanische System der Arbeitslager: Er gründete das erste Arbeitslager auf der Halbinsel Guanahacabibes an der Westspitze Kubas zur Umerziehung von Managern staatlicher Betriebe, welche sich der Übertretung oder Missachtung der „revolutionären Ethik“ schuldig gemacht hatten. 1965 wurde das Lager wieder aufgelöst. Das Arbeitslagersystem wurde später – viele Jahre nach Guevaras Tod – zur Inhaftierung Homosexueller, Regimekritiker und HIV-Infizierter verwendet.

Auch Che Guevaras Haltung gegenüber der Kubakrise ist nicht unumstritten: In einem Interview mit dem britischem Daily Worker, sagte er, er hätte, wenn er anstelle der Sowjets die Verfügungsgewalt über die Atomraketen gehabt hätte, diese auch abgefeuert. Che Guevaras damalige Haltung: „Es ist das schaudererregende Beispiel eines Volkes, das bereit ist sich atomar abschlachten zu lassen, damit seine Asche als Fundament für neue Gesellschaften dient. Und wenn ungefragt ein Pakt zum Abzug der Atomraketen geschlossen wird, seufzt es nicht etwa vor Erleichterung auf und dankt nicht für die Feuerpause“ wird in deutschen Diskussionen auch innerhalb der Linken als „problematisch“ empfunden, da ein entsprechendes Handeln u.a die „physische Existenz der gesamten kubanischen Bevölkerung“ riskiert hätte. Gerd Koenen scheute dabei nicht den Vergleich mit Osama Bin Laden: Die „phantastischen Weltbrandstiftungsszenarien eines Ché Guevara, die noch aus der ‚atomaren Asche‘ den Neuen Menschen entstehen sahen“ seien verwandt mit der „Dschihadistenlyrik“ eines Osama Bin Laden.

Andere Gegner bemängeln, dass er entgegen des verbreiteten Bildes in den Medien, welches ihn als außergewöhnlichen Kämpfer darstelle, in der Realität ein ineffektiver Taktiker war. Laut einigen Kritikern war Guevara nicht in der Lage die kubanische Wirtschaft zu steuern, da er für „den Beinahe-Kollaps der Zuckerproduktion, das Scheitern der Industrialisierung“, die er überwachte, verantwortlich sei.

In The Cult of Che kritisierte Paul Berman den Film The Motorcycle Diaries (dt. Die Reise des jungen Che) und beklagte, dass der gegenwärtige Kult um Che den sozialen Kampf in Kuba verschleiern würde. Berman sprach darin die Inhaftierung von Dissidenten an und behauptete, dass in den USA, wo der Film auf dem Sundance Film Festival grossen Beifall erhielt, die Verehrung Ches dazu führe, dass die Misere kubanischer Regimekritiker übersehen würde.

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